"Negative" Gefühle: welche, wozu und wie damit umgehen?

Ihre Erkrankung und die damit verbundenen Belastungen, Verluste und die Ungewissheit können natürlicherweise starke Gefühle und Emotionen hervorrufen. Auch wenn sich diese Gefühle von Mensch zu Mensch unterscheiden, gibt es eine Reihe „negativer“ Gefühle, die viele ALS-Betroffene berichten. Dazu gehören Traurigkeit, Angst, Ärger und Wut, Hilfslosigkeit, Frustration und Hoffnungslosigkeit. Einige Patient*innen berichten auch von Schuld- und Schamgefühlen.
 
Warum bezeichnen wir diese Gefühle als „negativ“? Weil wir sie als unangenehm empfinden – weshalb wir sie loswerden möchten. ABER: „negativ“ bedeutet nicht, dass diese Gefühle falsch oder schlecht sind. Denn - so lautet die zentrale Botschaft: alle Gefühle haben ihre Berechtigung. Gefühle sind niemals falsch!
Diese Aussage erscheint Ihnen vielleicht banal oder trivial. Aber sie hat eine entscheidende Konsequenz: ein gesunder Umgang mit den eigenen Gefühlen – auch den negativen – basiert darauf, diese Gefühle zuzulassen und zu akzeptieren, dass sie existieren. Es ist in Ordnung, dass Sie sich so fühlen, wie Sie sich fühlen!
Sie denken sich jetzt vielleicht: „Das ist einfacher gesagt als getan“ und „Wer will denn schon traurig oder ängstlich sein? Warum sollte ich zulassen, dass ich mich schlecht fühle? Ist es nicht besser, ich schlucke diese Gefühle runter, um die Zeit die mir noch bleibt so gut es geht zu genießen?“ Diese Gedanken sind sehr nachvollziehbar und es wird immer Situationen geben, in denen wir diese Strategie anwenden werden. Denn sie ermöglicht es uns, trotz allem weiterzumachen und zu funktionieren. Das gilt insbesondere, wenn der Alltag durch eine Erkrankung wie Ihre erschwert wird.
Problematisch wird es aber, wenn wir das „Verdrängen von Gefühlen“ über sehr lange Zeit als einzige Strategie im Umgang mit unangenehmen Emotionen nutzen. Warum?
Erstens, weil uns der Versuch unsere Gefühle runterzuschlucken oder wegzudrücken sehr viel Kraft und Energie kostet. Zweitens und wichtiger: weil diese Strategie über längere Zeit nicht erfolgreich ist. Wenn wir versuchen NICHT zu fühlen, dann suchen sich unsere Emotionen einen anderen Weg. Dies kann z.B. in körperlichen Beschwerden wie Schmerzen resultieren, einer starken Angespanntheit oder permanenten Erschöpfung. Auch Gereiztheit, also eine „kurze Zündschnur“ gegenüber kann eine Folge des Versuchs sein, Gefühle zu verdrängen. Wut, aber auch z.B. Traurigkeit kann in Aggression umschlagen. Dabei kann es auch passieren, dass sich Wut oder Ärger gegen Menschen richten, die gar nicht der Grund für diese Gefühle sind – gegen andere Menschen einschließlich unserer Liebsten, aber auch gegen uns selbst.
Gefühle werden stärker, wenn wir versuchen sie nicht zu fühlen. Gefühle werden sich mit der Zeit weniger stark oder belastend anfühlen, wenn wir es schaffen sie zuzulassen. Gefühle verschwinden nicht einfach und das hat auch seinen Sinn.
 

Wozu Gefühle?

Denn Gefühle erfüllen wichtige Funktionen, sie haben einen Sinn. Sich diese vor Augen zu führen kann entscheidend dafür sein, Gefühle annehmen und aushalten zu können. Was bringt es Ihnen also, dass Sie sich ängstlich, wütend oder traurig fühlen? Die Antwort lautet: negative Gefühle entstehen aus unerfüllten oder gefährdeten Bedürfnisse - und helfen uns daher im ersten Schritt dabei, diese Bedürfnisse zu erkennen. Im zweiten Schritt wecken sie in uns den Impuls, die Bedürfnisse zu erfüllen (und damit das unangenehme Gefühl loszuwerden). Um dieses Verhalten zu ermöglichen oder zu erleichtern, lösen Gefühle zudem bestimmte Reaktionen des Körpers aus. Diese Reaktionen können auch wichtige Signale, eine Botschaft an unsere Mitmenschen senden (z.B. eine wütende oder traurige Mimik).

Ein sehr simples Beispiel: Sie sehen eine große Schlange direkt vor sich auf dem Boden (Auslöser). Sie empfinden Angst (Gefühl/Emotion). Ihr Mund wird trocken und ihr Körper bereitet sich darauf vor zu rennen oder anzugreifen: Ihre Muskeln spannen sich an und Blut fließt in Ihre Beine (körperliche Reaktion). Sie spüren den Drang wegzulaufen, die Flucht zu ergreifen (Handlungsimpuls).

Nehmen wir ein Beispiel, das wahrscheinlich näher an Ihrem Alltag ist - hier aus Sicht eines Angehörigen:

 

Andere Gefühle vermitteln andere Bedürfnisse und senden demnach andere Botschaften. Sie könnten z.B. Traurigkeit empfinden, weil ihr Bedürfnis nach Nähe und sozialer Interaktion unerfüllt bleibt. Dies könnte Sie z.B. dazu motivieren, einen guten Freund anzurufen. Zudem könnte ihre traurige Mimik von Menschen in Ihrem Umfeld wahrgenommen werden und sie dazu anregen, sich nach Ihrem Wohlbefinden zu erkundigen und Ihre Nähe zu suchen (oder Ihnen Trost zu geben). Sie könnten z.B. Wut darüber empfinden, dass der dringend benötigte Rollstuhl von der Krankenkasse abgelehnt wird, weil Ihr Bedürfnis nach Gerechtigkeit und Unterstützung verletzt wird:

 

In Ihrem Alltag und insbesondere im Zusammenhang mit Ihrer Erkrankung haben Sie es aber fast immer mit „negativen“, unangenehmen Gefühlen zu tun, deren Auslöser nicht so klar identifizierbar und benennbar sind, wie eine Schlange oder ein tiefer Abgrund direkt vor unseren Füßen. Gefühle beruhen oftmals auf unerfüllten Bedürfnissen, für die es keine offensichtliche Lösung wie z.B. „Flucht“ gibt. Zudem können die Gefühle sehr stark sein und über sehr lange Zeit bestehen – und aufgrund dessen als überwältigend empfunden werden.

 

Im Folgenden finden Sie einige Gedanken zu spezifischen Gefühlen, die von vielen ALS-Betroffenen berichtet werden.

Für all diese Gefühle gilt die zentrale Botschaft: es ist normal, gerechtfertigt und niemals „falsch“, wenn Sie diese Gefühle erleben. Das bedeutet aber nicht, dass Sie diese Gefühle von sich kennen sollten oder gar müssen. Denn jeder Mensch ist individuell und reagiert – auch emotional – anders auf Schicksalsschläge, Belastungen und Herausforderungen.

Traurigkeit und Niedergeschlagenheit

sind Gefühle, die fast jeder ALS-Patient kennt. Denn sie werden ausgelöst durch die Verluste, die die Erkrankung zwangsläufig mit sich bringt: Den Verlust an Lebenszeit, dem fortschreitenden Verlust motorischer Fähigkeiten und die infolge beschränkten Möglichkeiten, das eigene Leben selbstbestimmt und frei zu gestalten. Sehr viele Patienten erleben auch ungewollte Veränderungen in ihren freundschaftlichen und familiären Beziehungen oder der Partnerschaft, die Traurigkeit auslösen. Wichtige Gründe dafür sind u.a. ein zunehmender Verlust der Fähigkeit zu sprechen, der die Kommunikation (auch mithilfe von Hilfsmitteln) erschwert, anstrengend oder unbefriedigend macht. Dies gilt auch für gemeinsame Aktivitäten mit Freunden und Familie, die durch die Erkrankung insgesamt stark eingeschränkt werden und die „Teilhabe“ am sozialen Leben erschweren. Auch darüber hinaus kann Rückgang sozialer Interaktion darauf beruhen, dass sich die Erkrankten selbst zurückziehen. Dieser Rückzug geschieht vielleicht aufgrund von Scham, mangelnder Energie oder der Angst, dem anderen eine Last zu sein - auch wenn dieser diese Last gar nicht empfindet. Viele Patienten berichten aber auch, dass sich Angehörige und Freunde zurückziehen

Dass Traurigkeit eine sehr natürliche und häufig sehr starke emotionale Reaktion ist, bedeutet aber NICHT, dass alle ALS-Erkrankten langandauernd oder dauerhaft niedergeschlagen oder gar depressiv sind. Doch die Mehrheit der Außenstehenden nimmt genau das an – vor allem Menschen, die bislang keinerlei Kontakt mit der Erkrankung hatten. Vielleicht kennen Sie dies auch aus ihren eigenen Umfeld. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen dagegen, dass die Minderheit der ALS-Patienten unter einer Depression leidet. Eine wichtige Erklärung hierfür ist die enorme menschliche Anpassungsfähigkeit. Menschen können Ihre Erwartungen und Vorstellungen an sich verändernde Bedingungen und Möglichkeiten anpassen – und somit auch in einer extrem belastenden und schwierigen Lebenslage Zufriedenheit erleben oder glücklich sein. Aus der Perspektive eines Menschen, der nicht in dieser Situation ist, ist dies meist sehr schwer nachvollziehbar.

Dennoch leidet ein Teil der ALS-Patienten leidet dennoch unter einer Depression. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung, die gekennzeichnet durch eine schwere und überdauernde Traurigkeit und Niedergeschlagenheit und meist durch einen mangelnden bis fehlenden Antrieb und Interessenverlust. Häufig kommen weitere Symptome hinzu, u.a. Schlafstörungen, innere Unruhe oder Konzentrationsstörungen. Wenn Sie Symptome einer Depression bei sich selbst bemerken, wenden Sie sich damit an Ihren behandelnden Arzt/behandelnde Ärztin oder sprechen Sie uns an. Denn eine Depression kann diagnostiziert und sollte behandelt werden, wofür sowohl Medikamente als auch Gesprächstherapie/Psychotherapie Möglichkeiten darstellen. Sie müssen eine Depression nicht "einfach aushalten“.

 

Angst

Die Symptome und der Verlauf der ALS lösen bei fast allen Betroffenen zudem mehr oder weniger starke Ängste aus. Eine häufige Angst ist die vor der zunehmenden Hilflosigkeit  und damit verbundenem Verlust von Autonomie infolge der fortschreitenden motorischen Einschränkung, aufgrund derer Sie in eine zunehmende Abhängigkeit von der Unterstützung anderer geraten. Dieser Verlust der körperlichen Selbstständigkeit und die fehlende Möglichkeit, die Erkrankung zu stoppen oder zu heilen, erzeugt bei einigen Patienten auch ein Gefühl des (zunehmenden) Kontrollverlusts. Hierzu trägt auch die Ungewissheit bei, mit welcher Geschwindigkeit die Krankheit voranschreiten wird. Das Erleben von Kontrolle über unser eigenes Leben gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen – weshalb der Verlust sehr unangenehm ist und Stress und Angst auslösen kann.

Einige ALS-Patienten berichten zudem die Angst vor dem Sterben. Häufig ist es nicht die Angst vor dem Tod an sich, sondern die vor einem qualvollen Versterben und insbesondere vor dem Ersticken aufgrund von Verschlucken oder Atemnot Wir möchten versuchen Ihnen diese Angst zu nehmen, denn: es ist extrem unwahrscheinlich, dass ein ALS-Patient erstickt - insbesondere, wenn sie/er an eine (spezialisierte) ärztliche Betreuung angebunden sind. Denn erstens existieren Maßnahmen gegen das Verschlucken, die von ärztlicher und durch die Logopädie vermittelt werden. Zweitens ist die Behandlung der Atemnot in der letzten Lebensphase ein wichtiger Bestandteil der Palliativversorgung und bietet sehr wirksame medikamentöse Maßnahmen für Patienten, die sich gegen die künstliche Beatmung entscheiden. Die Lähmung der Atemmuskulatur ist zwar die häufigste Ursache für das Versterben an ALS, der Tod tritt aber nicht infolge des "Erstickens" ein und ist nicht qualvoll oder schmerzhaft. Auch hier gilt: Sprechen Sie uns bzw. Ihre behandelnde Ärztin/Ihren behandelnden Arzt an, wenn Sie diesbezüglich weitere Informationen wünschen und grundsätzlich, wenn Sie Sorgen oder Ängste haben.

Auf dem aktuellen Stand der Medizin ist es nicht möglich, die ALS zu stoppen oder gar die Verluste rückgängig zu machen, die Gefühle wie Traurigkeit und Angst auslösen. Warum kann es dennoch hilfreich sein, auf diese Gefühle „zu hören“, sie ernst zu nehmen?  Hinter diesen Gefühlen steckt auch ein Bedürfnis nach Verständnis, Fürsorge und Unterstützung – durch geliebte Menschen, aber möglicherweise auch durch andere Betroffene oder Unterstützung professioneller Natur (z.B. durch Ärzte oder Psychotherapeuten). Diese Gefühle ernst zu nehmen kann den Impuls geben, sich solche Unterstützung zu suchen. Die Unterstützung kann emotionaler Natur sein, z.B. in Form von Nähe, Verständnis und Trost. Unterstützung kann in Form von Informationsvermittlung stattfinden – so wie auf dieser Internetseite oder durch eine Ärztin oder andere Experten. Unterstützung kann auch in praktischer Form stattfinden - mit dem Ziel, den Verlust von Kontrolle und Autonomie – der Hilfslosigkeit, Angst und Traurigkeit auslöst – einzugrenzen oder vorzubeugen. Neben der praktischen Unterstützung durch andere Menschen ist die Beschaffung von Hilfsmitteln zur Aufrechterhaltung von Mobilität und Kommunikation eine entscheidende praktische Unterstützungsmaßnahme. Denn sie können Selbstbestimmung und ein gewisses Ausmaß an Autonomie auf  Ihr Erk können den Antrieb geben, sich mit den diesbezüglichen Möglichkeiten auseinanderzusetzen, Hilfsmittel zu beantragen und hierfür wiederum auch professionelle Beratung und Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Dennoch zögern einige Patient*innen diese Schritte und damit die Nutzung eines Hilfsmittels lange hinaus – oft auch aus Angst oder aus Traurigkeit über die Verluste körperlicher Fähigkeiten und neuer Einschränkungen, aufgrund derer das Hilfsmittel benötigt wird. Die Gedanken an diese Verluste und die damit verbundenen Gefühle werden vermieden. Das ist nachvollziehbar, kann jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit die Belastung verstärken. Wie bereits thematisiert, ist Vermeidung eine wenig und vor allem nur recht kurzfristig wirksame Strategie.

 

Wut, Ärger

Vielleicht kennen Sie im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung auch Ärger oder Wut – wenn ja, was waren die Auslöser?

ALS-Betroffene berichten Wut aufgrund des Gedankens „Warum hat es gerade mich erwischt?“. Eine Frage, auf die es keine Antwort geben wird, denn .  Hinter dieser Frage steckt das menschliche Bedürfnis danach Erklärung zu finden für das, was uns passiert.  Betroffene empfinden auch Wut darüber, dass es keine Heilung gibt. An dieser Stelle fragen Sie sich vielleicht: warum bin ich wütend, wenn doch niemand etwas dafürkann, dass ich krank bin? Aber Wut entsteht nicht nur, wenn jemand Schuld hat. Wut muss sich auch gar nicht gegen eine Person richten. Wir können Wut über eine Situation erleben, über ein Ereignis – Sie können wütend sein auf Ihre Erkrankung.

Dahinter steht das Erleben von Ungerechtigkeit, Hilfslosigkeit und wiederum fehlender Kontrolle – das traurig machen kann, aber eben auch ärgerlich. Auch das Gefühl von Frustration kennen viele ALS-Betroffene in diesem Zusammenhang.

Ein anderer, bereits erwähnter und leider sehr präsenter Auslöser von Wut sind Ablehnungsschreiben der Krankenkassen für wichtige Hilfsmittel oder Leistungen (z.B. Reha, pflegerische Unterstützung). Auch in dieser Situation ist es sehr verständlich, wütend zu reagieren – und auch hier kann Wut hilfreich sein. Denn sie schickt Ihnen – und anderen Menschen – die Botschaft, dass Sie ungerecht behandelt werden. Wut aktiviert, liefert Energie und Antrieb. Dies kann es Ihnen erleichtern, ein zielführendes Verhalten zu zeigen und damit Ihre Situation zu verbessern: z.B. im Fall der Ablehnung Widerspruch bei der Krankenkasse einzulegen und sich dafür evtl. Unterstützung zu suchen. 

 

Umgang mit belastenden Gefühlen - was kann helfen?

Was wir verdeutlichen möchten: Ihre Gefühle sind nicht nur immer richtig, sondern auch ausgesprochen wichtig und verdienen Akzeptanz und Aufmerksamkeit. Gefühle zuzulassen und wahrzunehmen ist Voraussetzung dafür, das Bedürfnis hinter dem Gefühl zu erkennen und es ernst zu nehmen – und es, wenn möglich oder so gut wie möglich zu erfüllen.

Dennoch: in einer dauerhaft belastenden Situation wie Ihrer können sich Gefühle überwältigend oder unerträglich anfühlen. Auch, weil es Bedürfnisse gibt, die gar nicht erfüllt werden können – allem voran der Wunsch, gesund zu sein. Diese starken negativen Gefühle auszuhalten ist sehr schwer. Einige Betroffene berichten dazu, sich von Gefühlen wie Angst oder Traurigkeit überwältigt zu fühlen oder sie als unerträglich oder lähmend zu empfinden. Manche beschreiben auch „gar nichts mehr zu fühlen“. Man spricht hier auch vom „Gefühl der Gefühllosigkeit“ oder „emotionaler Taubheit“. Dies kann die Reaktion unseres Gehirns darauf sein, sich vor starken Emotionen zu schützen – jedoch mit der unwillkommenen Konsequenz, dass wir auch positive Emotionen wie Freude nicht mehr erleben. Auch diese Reaktion ist normal und nachvollziehbar

Was kann helfen, starke negative Gefühle erträglicher zu machen – ohne sie zu unterdrücken? Zunächst hilft es, Ihre Gefühle mitzuteilen – das kann bedeuten, das Gefühl überhaupt erst einmal auszusprechen oder aufzuschreiben, aber auch ausführlicher mit jemandem darüber zu sprechen. Über Gefühle zu reden, lässt sie nicht verschwinden – aber es hilft sie zu ertragen. Manchen Menschen fällt es leichter, sich mit einer nahestehenden Vertrauensperson über emotionale Themen auszutauschen, während andere lieber mit jemand Außenstehenden sprechen. Hierfür können Sie professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen. Für manche ist der Austausch mit anderen ALS-Betroffenen besonders wertvoll und vielleicht einfacher, weil die/derjenige „weiß, wovon Sie reden“ und Ihre Situation nachempfinden kann, wie es ein Außenstehender nicht kann. Andere Erkrankte aber empfinden genau das als belastend und möchten sich nicht mit ähnlichen Schicksalen konfrontieren und vergleichen. Grundsätzlich gilt: Sie müssen da nicht alleine durch! Nicht nur, aber auch aufgrund der motorischer Einschränkungen des Sprechens kann es der einzige oder einfachere Weg sein, Gefühle und ihre Gedanken aufzuschreiben. Das können Sie entweder nur für sich selbst tun, oder auch für andere Menschen. 

Entspannungstechniken und Achtsamkeitsübungen sind eine weitere Möglichkeit, Gefühle besser aushalten zu können. Ziel dieser Übungen ist es nicht, Gefühle zu verdrängen oder nicht mehr zu fühlen, sondern die (emotionale) Anspannung zu reduzieren. Vom autogenen Training über Traumreisen bis hin zu progressiver Muskelrelaxation (PMR) existieren viele Möglichkeiten. Welche davon für Sie hilfreich sein können, lässt sich nur durch Ausprobieren herausfinden – denn dies ist von Mensch zu Mensch sehr verschieden. Zudem bedürfen manche Techniken einer gewissen Mobilität (z.B. die Progressive Muskelrelaxation) und sind deshalb nicht für alle ALS-Erkrankten umsetzbar. Dagegen sind z.B. Traumreisen auch für Menschen mit sehr schweren motorischen Einschränkungen geeignet. Für alle Übungen und Techniken gilt: sie brauchen Übung, um ihre (volle) Wirkung zu entfalten. Sprechen Sie uns auch gerne direkt an, wenn wir Ihnen bei der Suche nach für Sie geeigneten Entspannungstechniken unterstützen können.